„ Selbstbewusstsein aufbauen in zwei Minuten? Ja klar…“, denkst du jetzt vielleicht, „…und Millionär werden in zwei Wochen, oder was?!“ Kann ich verstehen. Ich hätte bis vor kurzem auch so reagiert. Bis ich diesen super spannenden TED-Vortrag über eine Methode namens „Power Posing“ gesehen habe…
Im Vortrag wird Power Posing als nützlicher „Life Hack“ vorgestellt – und mal ehrlich, das ist es doch, was wir uns alle wünschen: So kleine, einfache Tricks, die ohne großen Aufwand das Leben leichter machen! Und so ein spürbarer Boost fürs Selbstbewusstsein kann ja in bestimmten Lebenslagen immer mal hilfreich sein.
Schnell Selbstbewusstsein aufbauen, wenn man´s braucht
Es gibt ja so Momente im Leben, da ist es besonders herausfordernd (und dummerweise gleichzeitig meist auch besonders wichtig), mit einem guten Selbstbewusstsein reinzugehen. Ich denke da an all die Situationen, wo es für dich drauf ankommt, mit dir als Person überzeugend zu sein. Vor Leuten sprechen, Verhandlungen führen, das klassische Vorstellungsgespräch für den Job, den du unbedingt haben willst oder auch ein erstes Date – da kann es nicht schaden, wenn du weißt, wie du vorher bewusst dein Selbstbewusstsein aufbauen kannst.
Das ganze funktioniert über Körpersprache. Üblicherweise denkt man bei Körpersprache ja eher daran, wie die eigene Körpersprache nach außen wirkt. Aber wusstest du, dass deine Körpersprache auch auf Dich selbst, sozusagen nach innen wirkt? Du kannst nämlich über deine Körpersprache nicht nur andere Leute von dir überzeugen, sondern auch dich selbst. Das kann manchmal sehr praktisch sein. 😉
Dein Körper spiegelt deine Emotionen
Wenn es in unseren Schauspielkursen um Emotionen und ihren Ausdruck geht, dann ist ziemlich schnell jedem klar, dass Gefühle deutlich unsere Körperhaltung beeinflussen. Klar, jemand der glücklich verliebt ist, steht, sitzt und bewegt sich ganz anders, als jemand der sorgenvoll und traurig unterwegs ist. Und nach außen hin ist es für andere ganz instinktiv von der Körperhaltung abzulesen, wie sich jemand grad fühlt.
So kann es dann auch in aufregenden Präsentationssituationen passieren: Wenn du dich sehr nervös und unsicher fühlst, strahlt dein Körper das aus. Und dann wird dir erstmal weniger zugetraut. Je selbstbewusster du dich aber fühlst, um so überzeugender kommst du auch für andere rüber.
Wie du dir das zunutze machen kannst…
Diesem Spiegel von Gefühl und Körperhaltung bist du zum Glück nicht nur einseitig ausgeliefert – nach dem Motto: “Oje, das wird nie was: Jeder wird merken, dass ich supernervös bin…!”. Denn das Ganze funktioniert eben auch umgekehrt. Heißt: Wenn du äußerlich bewusst eine Körperhaltung einnimmst, die mit Selbstbewusstsein assoziiert ist, dann wirst du dich nach einer Weile auch tatsächlich selbstbewusster fühlen!
Ich finde diesen Ansatz so genial und erleichternd. Ich muss nicht unbedingt jahrelang angestrengt „an mir arbeiten“ zum Selbstbewusstsein aufbauen. Oder mir selbst hundertmal irgendwelche Affirmationen vorsagen (was, by the way, übrigens aber auch deutlich wirksamer ist, wenn du dazu auch in eine entsprechende selbstbewusste Körperhaltung gehst). Denn zum Glück gibt es ja Power Posing, dass dir in konkreten Stressituationen sofort helfen kann!
Ein Trick namens Power Posing
Der Begriff „Power Posing“ wurde geprägt von der Sozialforscherin Amy Cuddy, die jahrelang an der Harvard University zum Zusammenhang von Körpersprache und Gefühl geforscht hat. Und darüber spricht sie in diesem TED Vortrag. Es lohnt sich auf jeden Fall, den auch mal komplett anzusehen – du findest ihn hier:
…und wie geht das konkret?
Falls du jetzt nicht grad die 20 Minuten Zeit hast, dir den Vortrag anzuschauen, dann heb dir das für später auf und lies einfach hier weiter – ich erklär dir, wie Power Posing geht:
Bevor du in die Situation gehst, für die du bewusst dein Selbstbewusstsein aufbauen willst, nimm dir kurz Zeit und such dir einen ungestörten Ort (Klo geht immer!). Dort stell dich in eine sogenannte „Powerpose“. Das sind kurz gesagt Körperhaltungen, die Stolz, Selbstbewusstsein und Größe ausdrücken. (Amy Cuddy spricht von „Macht“ und „Dominanz“. Aber da die Begriffe leicht mit negativen Bewertungen assoziiert werden, formuliere ich es hier bewusst mit Worten, die eher positiv besetzt sind.)
Mach dich groß!
Geeignet sind alle Körperhaltungen, die dich groß und breit machen, wo du körperlich viel Raum einnimmst. (In der Theatersprache würde man das als „Hochstatus-Haltung“ bezeichnen.) Finde eine starke Körperhaltung, eine “Krafthaltung”, die sich für dich persönlich richtig selbstbewusst anfühlt. Gerne werden hier Superheldenposen oder Siegergesten von Sportlern zum Vorbild genommen.
Eine klassische Position ist zum Beispiel, dich breitbeinig hinzustellen, die Arme nach oben zu strecken und auch den Blick nach oben zu richten, wie bei einem Jubel. Oder du stellst dich aufgerichtet fest auf beide Beine, streckst den Brustkorb raus, Blick gerade heraus, und stemmst dazu noch die Hände in die Hüften. Siegesgewiss lächeln dabei hilft übrigens auch! 🙂
Du musst nicht unbedingt was Spezielles dabei denken, du musst noch nicht mal dran glauben. Was durch diese Körperhaltungen passiert, sind ganz messbare physiologische Änderungen im Hormonhaushalt, die mit dem Gefühl von Selbstbewusstsein verbunden sind. Das haben die Wissenschaftler um Amy Cuddy herum herausgefunden: Die Testpersonen hatten nach 2 Minuten Power Posing deutlich mehr Testosteron – das Hormon für entschlossenes Vorangehen – und deutlich weniger Cortisol (das ist das Hormon, das bei Stress ausgeschüttet wird). Spannend, oder?
Mehr Präsenz, mehr Authentizität, mehr Überzeugungskraft
Nach den 2 Minuten machst du einfach ganz normal weiter und gehst in dein Gespräch, die Präsentation oder was auch immer. Du wirst sehen, du fühlst dich ein Stück klarer und selbstbewusster. Und damit wirkt der Spiegel Körper/ Gefühl dann auch wieder in die andere Richtung: Dein Gefühl strahlt wiederum auf deine Körpersprache aus und du wirkst auch souveräner und präsenter.
Amy Cuddy beschreibt in ihrem Vortrag Experimente mit Probanden in simulierten, sehr stressigen Vorstellungsgesprächen. Diejenigen Testpersonen, die vorher 2 Minuten in Powerposen gingen, wurde allesamt von einer uneingeweihten “Jury” positiver beurteilt: Ihnen wurden mehr Präsenz, Authentizität und Ausstrahlung zugesprochen. Sie kamen insgesamt deutlich überzeugender rüber und ihnen wurde mehr Kompetenz zugetraut als den nicht “gepimpten”Leuten !
Power Posing im Sitzen
Powerposen gibt es natürlich auch im Sitzen. Da Stehen dich aber schon automatisch groß macht und du in vielen Situationen vielleicht nicht grad dein eigenes Zimmer mit Chefstuhl zur Verfügung hast (bzw. in der Öffentlichkeit extrabreites Stuhleinnehmen vor Präsentationssituationen auch nicht immer angebracht ist), finde ich die Positionen im Stehen erstmal am praktikabelsten.
Wenn du dich aber zum Beispiel für ein wichtiges Telefongespräch durch Power Posing aufbauen willst, dann versuch doch mal das: Setz dich zurückgelehnt auf einen Stuhl und leg die Beine hoch, zum Beispiel auf den Tisch vor dir. Dann verschränke noch die Arme hinterm Kopf – und dann: einfach genießen… mindestens 2 Minuten lang.
„Fake it until you make it.“
Viel mehr möchte ich jetzt gar nicht verraten, denn es lohnt sich wirklich, den Vortrag von Amy Cuddy mal in voller Länge anzusehen. Sie beschreibt darin total plastisch, das “Fake it until you make it” tatsächlich funktioniert – beziehungsweise wandelt sie den Spruch um in “fake it until you become it”: Tu so (als ob du selbstbewusst bist), und du wirst es werden!
Das Tolle an dieser Methode finde ich, dass es hier nicht vordergründig drum geht, selbstbewusst zu WIRKEN. Es geht nicht drum, etwas nach außen hin vorzuspielen, was dem Innen gar nicht entspricht. Es geht nicht drum, Unsicherheiten zu verstecken, cool zu tun, sich in Pose zu schmeißen. (Funktioniert auf Dauer sowieso nicht bzw. macht am Ende auch nicht glücklich!)
Nein, es geht tatsächlich darum, dass ich ganz konkret etwas tun kann, das mir sofort das unmittelbare GEFÜHL von mehr Selbstbewusstsein gibt. Und dabei ganz simpel ist und nicht mehr kostet als sich 2 Minuten Zeit zu nehmen. (Und ja, vielleicht über einen kleinen Schatten zu springen und auszuhalten, dass es sich vielleicht erstmal echt komisch anfühlt. Aber es muss dich ja keiner dabei sehen!)
Trau dich, eine Rolle zu spielen!
In ihrem Vortrag merkt man Amy Cuddy an, dass sie selbst auch nicht unbedingt ein Mensch ist, der für großes Rampenlicht geboren ist. Sie beschreibt ihre eigene Geschichte von fehlendem Selbstbewusstsein – und wie sie durch die Zauberformel: „Fake it until you become it!“ zu ihrem Erfolg gekommen ist. Das finde ich so sympathisch und überzeugend: Sie strahlt nicht durch Coolness, sondern durch ihre Begeisterung und das, was sie zu sagen hat.
Und das ist es, was dein Selbstvertrauen auch dem Rest der Welt geben kann: Du traust dich, rauszugehen und eine Rolle zu spielen. Nicht im Sinne von “eine Maske aufsetzen”, sondern im Sinne von: Dich und das was du Wertvolles zu sagen hast, einzubringen und damit einen Unterschied zu machen. Und darauf wartet die Welt!
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